Parodontitis
Kurzinfo
Über die Hälfte aller Erwachsenen leidet an Parodontitis, einer entzündlichen Erkrankung des Zahnhalteapparates. Unbehandelt führt die Erkrankung am Ende nicht nur zu Zahnausfall – sie wirkt sich ebenso ungünstig auf allgemeine Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes, aus. Häufig schreitet die Parodontitis unbemerkt fort, doch es gibt Warnsignale, auf die man achten sollte.
Man weiß heute, dass der Parodontitis nicht nur eine Ursache zugrunde liegt. Neben einer bestimmten Zusammensetzung von Erregern in der Mundhöhle spielen erbliche Faktoren und die individuelle Immunantwort auf die bakteriellen Reize eine Rolle. Kommen noch eine unzureichende Mundhygiene, Rauchen sowie Stress hinzu und leidet der Patient an weiteren Allgemeinerkrankungen, ist es nahezu sicher, an einer Parodontitis zu erkranken. Bevor jedoch das Zahnbett angegriffen wird, beginnt die Entzündung zunächst am Zahnfleisch.
Zahnfleischbluten – ein Signal
Wenn das Zahnfleisch beim Zähneputzen leicht blutet, liegt bereits eine Zahnfleischentzündung, eine Gingivitis, vor. Sie kann lokal, also nur an bestimmten Stellen im Gebiss, oder auch überall auftreten. Das Zahnfleisch ist weiterhin gerötet und geschwollen. Ursache dieser Entzündung ist ein Bakterienfilm am Zahnfleischrand. Dieser Belag, Fachleute sprechen von Plaque oder Biofilm, bildet sich bereits innerhalb von wenigen Stunden nach dem Zähneputzen immer wieder neu. Bleibt erneutes Zähneputzen aus, ist der Belag bereits nach wenigen Tagen so dick, dass er mit bloßem Auge zu erkennen ist.
Zahnbelag: eine organisierte Bakterienkolonie
Zahnbelag ist nicht nur unschön, sondern innerhalb der Plaque-Schicht sind verschiedene Bakterienarten zu einem sogenannten Biofilm organisiert. Das heißt, die Bakterien kommunizieren und ergänzen sich untereinander. So erleichtern die ersten Schichten der Bakterien den weiteren, sich am Zahn anzuheften. In der Mundhöhle kommen natürlicherweise bis zu 700 verschiedene Bakterienarten vor. Die meisten von ihnen sind harmlos. Im Laufe von Tagen ändert sich allerdings bei ausbleibender Reinigung die Zusammensetzung in der Bakterienkolonie. Aggressive, krankheitsauslösende Keime können die Oberhand gewinnen. Ohne einen solch organisierten Biofilm entstehen keine Zahnfleischentzündung und auch keine Parodontitis.
Zahnbelag: Die Zahnbürste kommt zu spät
Mit der Zeit lagern sich in den Zahnbelag Mineralien aus der Nahrung und dem Speichel ein. Er „versteinert“, Zahnstein entsteht. In dieser Phase kann man den Belag nicht mehr selbst mit der Zahnbürste entfernen. Er muss in der Zahnarztpraxis mit Hand- oder Ultraschallinstrumenten vom Zahn entfernt werden. Bleibt auch diese Reinigung aus, siedeln sich an der rauen Zahnsteinoberfläche sehr leicht weitere Schichten von Bakterien an, die ihrerseits in der Folge ausmineralisieren. Der Zahnstein wird immer dicker und reizt ebenso durch seine raue, bakterienhaltige Oberfläche weiter das Zahnfleisch.
An der Wurzel entlang in die Tiefe
Zwischen Zahn und Zahnfleisch befindet sich natürlicherweise ein kleiner Spalt, der nur zwei bis drei Millimeter tief ist. Infolge einer Zahnfleischentzündung und der damit verbundenen Verdickung des Zahnfleisches kann es zum Knochenabbau kommen. Dieser Spalt erweitert und vertieft sich entlang der Zahnwurzel. Weiche Zahnbeläge rutschen in diesen Spaltraum und breiten sich auf der Wurzeloberfläche weiter aus. Reicht der Spaltraum vier oder mehr Millimeter in Richtung Wurzelspitze, sind bereits Zahnhaltefasern und Knochen zerstört worden, und aus der anfänglichen Zahnfleischentzündung ist eine Parodontitis entstanden. Auch an dieser Stelle mineralisiert der Zahnbelag aus und haftet dann extrem fest an der Wurzeloberfläche. Diesen Zahnstein unterhalb des Zahnfleisches nennen Experten Konkremente, die gemeinsam mit den Bakterien und der dadurch ausgelösten Entzündungsreaktion die Zahnhaltefasern weiter zerstören.
Lange Zähne, Lockerung, Zahnausfall
Im weiteren Verlauf der Parodontitis wird der Spaltraum zwischen Zahn und Zahnfleisch immer tiefer. Nicht nur die Zahnhaltefasern werden zerstört, die Bakteriengifte bewirken auch einen Knochenabbau rund um die befallenen Zähne. Mit der Zeit hat der Zahn immer weniger Halt, er lockert sich, während immer mehr von Zahnhals und Wurzel sichtbar wird. Die Zähne erscheinen optisch länger. Im äußersten Fall schreitet der Knochenabbau so weit vor, dass der Zahn von selbst ausfällt. Doch schon vorher sind solche Zähne als Verankerungen für Zahnersatz wie zum Beispiel Brücken in aller Regel nicht mehr geeignet. Der Knochenschwund erschwert nicht zuletzt auch eine spätere Versorgung mit Implantaten, für die notwendigerweise eine bestimmte Knochenstärke vorliegen muss.